Gärtnertagebuch

Schöne letzte Reste

Paul Weinzerl

Hier im Osten Österreichs war die Herbstfärbung vieler Baumarten heuer wieder einmal spektakulär. Doch woran liegt es, dass in einem Jahr Gärten und Wälder zu glühen scheinen, in anderen Jahren alles Laub eher braun oder gar grün von den Bäumen fällt? Um dieses Phänomen zu ergründen, muss man erst einmal wissen, wie und wann die Farben in den Blättern entstehen. Lange bevor das Blattgrün abgebaut wird, beginnt der Baum Schutzstoffe aufzubauen. Ausgelöst wird das durch Stressfaktoren wie starke Temperaturschwankungen und intensive Sonneneinstrahlung. Diese Stoffe sind Antioxydanzien. Wir kennen sie als Zusatzstoffe oder Nahrungsergänzungsmittel: Karotinoide (gelb, orange, rot), die Xanthophylle (gelb) und die Anthocyane (rot, violett, blau). Später, wenn der Baum als Reaktion auf die kurzen Tage das Chlorophyll in den Blättern abbaut und alle wiederverwertbaren Bestandteile wie Stickstoff, Phosphor, Eisen und Kalium in die Triebe transportiert, um sie dort für den nächsten Austrieb zu speichern, bleiben nur diese Farbstoffe zurück. Die Blätter erstrahlen in leuchtenden Farben. Wenn der Baum zu wenig oder zu viel Stress hatte, konzentriert er sich auf den Abbau des Blattgrüns. Es entstehen blasse Farben und die nicht vor Oxydation geschützten Blätter werden schnell braun. Ist sogar dafür zu wenig Zeit, fällt das Laub einfach grün. Aber auch die Nährstoffe, welche im gefallenen Laub zurückbleiben, sind nicht endgültig verloren. Mit der Verrottung der Blätter werden sie wieder frei und über die Wurzel wieder aufgenommen. Die Natur verschwendet eben nichts.